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Spielsucht


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Hallo magier,

ich verstehe deinen Frust absolut, und so langsam spüre ich, dass wir alle ein gemeinsames Ziel haben, auch wenn wir aus ganz verschiedenen Richtungen kommen. Das Ziel, die ausgeuferte Glücksspielbranche in Deutschland mit einer angemessenen Kontrollinstanz in vernünftigen Grenzen zu halten.

Deine Beschreibung der Risikofunktion in den Hallen-Maschinen neuer Prägung und die damit verbundenen Effekte für die Einnahme-Statistik ist symptomatisch für den großen Coup, den Hersteller und Spielhallen-Ketten mit der 2006er-Verordnung gelandet haben. Angesichts der geschickten Umgehung von Mindestspieldauer, Zwangspause und Mindestverlust pro Stunde könnte man fast meinen, die Verordnung sei um die neue Automatengeneration herum konstruiert.

Deine Vermutung, dass jedesmal eine Verschärfung nach einem "Angriff" eintritt, kann ich jedoch nicht ganz verstehen. So ein Gesetz ist ja nicht von heute auf morgen geändert. Die Veränderung von 2006 war die erste seit vielen Jahren.

Dass durch die neue Verordnung und der daraus entstehenden Bewegung seitens der Suchtverbände und auch der Spielbanken ein Marktverdrängungseffekt eintritt, der den 2 oder 3 Big-Players auf dem Hallen-Markt erst recht in die Hände spielt, ist ein Umstand, der nach einer schnellen Korrektur schreit.

Schön, dass du dein Wissen hier kostenlos einbringst. Meines Wissens tun wir das alle. Leider gibt es kein sofort wirkendes Allheilmittel gegen diesen Wildwuchs, ich fürchte, es ist ne Menge Kleinarbeit angesagt.

viele Grüße

efes

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Wenn ich noch auf dem Laufenden bin, passiert doch Folgendes:

Pro Minute werden 5 Spiele a 20 Cent gestartet. Das macht einen Umsatz von 1€ pro Minute und von 60€/Stunde.

Bei einer Auszahlung von 60% bleibt ein Verlust für den Spieler von 40% des Umsatzes.

Er verliert also langfristig trotz aller Serien und Sondergewinne jede Stunde 24€ und am beliebten Spiel zweier Geräte sogar 48€.

Dagegen habe ich in Las Vegas im Hotel "Paris" gesehen, dass es eine Auszahlquote von 98% gibt.

Das ist noch Spiel - Spielhallen- und Kneipengeräte sind jedoch offener Raub zu Gunsten der Betreiber und des Finanzamtes.

Dort entsteht das Gros der Spielsüchtigen.

sachse

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Ich muss zugegen, hallenmäßig habe ich wenig Ahnung. Ich gehe oft, wenn ich auf "Tour" bin in orginal Spielotheken, trinke ein oder zwei Kaffee und frage meine Mails ab.

Aber meine Befürchtung war auch, die meisten Süchtigen sind Hallenspieler. Es verbleiben trotzdem noch ca. 20% die Probleme haben bzw. süchtig sind, da wird also auch hier der eine oder andere betroffen sein.

Berni

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Hallo Sachse,

Pro Minute werden 5 Spiele a 20 Cent gestartet. Das macht einen Umsatz von 1€ pro Minute und von 60€/Stunde.

Nicht mehr ganz. Die 2006er-Spielverordnung schreibt vor, dass ein 20-Cent-"Spiel" statt früher 12 jetzt 5 Sekunden dauern darf.

Klingt noch harmlos. Der Clou liegt in der fehlenden Definition des Begriffs "Spiel". Leider hatte sich (absichtlich?) kein Gesetzesmacher darüber Gedanken gemacht, was überhaupt ein "Spiel" am Automaten ausmacht (so ne Ablaufbeschreibung wie (1) Einsatz, (2) Spielentscheidung des Benutzers, (3) Zufallserzeugung, (5) Gewinnnauswertung, (4) Gewinnauszahlung). Die Verordnung weicht aus und sagt nur, ein Spiel sei "der Zeitraum zwischen zwei Einsatzleistungen". Was dazwischen nun passiert, das kann der Automatenhersteller bestimmen. Deswegen auch das ganze Brimborium mit der Umwandlung von Euro ("Geldspeicher") in Punkte ("Punktedatenbank"), das treu nach Buchstaben des Gesetzes alle 5 Sekunden 20 Cent umbucht. Das geht so weit, dass die behaupten, das was da auf dem Monitor zu sehen ist, sei eigentlich gar kein Spiel - und schon kann man die Zwangspause nach 1h mit Spielaktivität füllen. Das Ergebnis: Fröhliche Spielaktivität ohne Pause.

Sorry für den Exkurs.

Bei einer Auszahlung von 60%  bleibt ein Verlust für den Spieler von 40% des Umsatzes.

Es ist eine der "Errungenschaften" dieser neuen Verordnung, dass man von Auszahlungsquoten oder "hold percentages" völlig weg ist. Was zählt, sind maximale Verluste pro Automat pro Stunde. §13 Satz 1: "...die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 80 Euro nicht überschreiten."

Da die Automaten grundsätzlich mit Startautomatik betrieben werden können, kann somit ein "engagierter" Spieler 12 Automaten gleichzeitig bedienen und pro Stunde - wenns ganz schlecht für ihn läuft - nen knappen Tausender verrattern.

Dagegen habe ich in Las Vegas im Hotel "Paris" gesehen, dass es eine Auszahlquote von 98% gibt.

Das sind so die üblichen Quoten von Casino-Slotmachines, wie man sie auf dem int. Markt kriegt. Ich sprach mal von einem durchschnittlichen Stundenverlust von 25 Euro an Spielbank-Automaten. Der kommt - auch bei höheren Einsätzen als den oben beschriebenen - genau aus diesem Grund zustande.

Gruss

efes

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Efes, ich staune echt, wie gut Du Dich mit den Spielautomaten auskennst!! Ich habe immer den Eindruck, die Hallenspieler hängen vor den Automaten, labern herum, und werden sicher IHR Geld los.

Welche Rolle spielst Du in Bezug auf Automaten, wenn ich fragen darf? Kann ich jetzt sehr schwer einschätzen. Hast Du selbst mal Automaten bzw. Spielhallen gehabt, bzw. warst als Vertreter für solche Geräte unterwegs?

Berni

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Hallo Berni,

gut informiert? Internet machts möglich....

Nee, im Ernst, ich war mal längere Zeit Croupier, aber das war im ausgehenden Mittelalter. Wenn man in dem Job einen Funken Verantwortungsgefühl hat, beschäftigt man sich auch mit der Suchtproblematik, spricht mit Therapiestellen, Suchtbeauftragten, beteiligt sich an Podiumsdiskussionen, stellt sich der Verantwortung und versucht auch innerbetrieblich was in Richtung ordentlichem Spielerschutz zu bewegen. Dadurch hatte ich ein paar gute Kontakte zu einigen Stellen und Leuten. Aber als einer aus der "Spielhölle" ist man ja grundsätzlich suspekt :angry: was mich aber nicht weiter stört.

Was Spielhallen anbetrifft, so hab ich mich im Vorfeld (also schon in der Entwurfsphase) sehr intensiv mit der Verordnungsnovelle beschäftigt und schon sehr früh auf die aufkommende Problematik hingewiesen.

Und: Nein, war oder bin kein Hallenbetreiber oder Automatenverkäufer und lebe auch jetzt nicht von Spielautomaten.

Gruss

efes

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Hallo,

eine kurze Erläöuterung zu unserer forderung nach Abbau der Geldspielgeräte in gastronomischen Betrieben. Wir fordern dies aus Gründen des Jugendschutzes. Der ist in der Imbissbude oder im Supermarkt nicht einzuhalten. Ich sehe dauernd Kinder und Jugendliche an den Geräten spielen.

Es wird wohl nicht durchsetzbar sein, die Spielhallengeräte komplett zu verbieten und Glücksspiele nur noch in staatlich konzessionierten Spielbanken zu erlauben. Daher fordern wir, dass sämtliche Spielerschutzvorschriften, die für Spielbanken, Lotterien und Sportwettangebote derzeit entwickelt werden, auch für den Spielhallenbereich gelten müssen.

viele Grüße

Ilona

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...forderung nach Abbau der Geldspielgeräte in gastronomischen Betrieben. Wir fordern dies aus Gründen des Jugendschutzes.

Als Reaktion werden sie die Automaten nicht abbauen, sondern allenfalls dem Gesetz endlich nachkommen und die Automaten mit Kartenlesern dichtmachen (wie bei den Zigarettenautomaten). Das wird die erwachsenen Suchtopfer aber nicht vom Spielen abhalten.

Es wird wohl nicht durchsetzbar sein, die Spielhallengeräte komplett zu verbieten und Glücksspiele nur noch in staatlich konzessionierten Spielbanken zu erlauben.

Naja, die Schweizer Spielautomatenlobby und Firmen wie Lotterie Romande waren früher auch mal mächtiger. Inzwischen kriegen die ja ordentlich von der ESBK die Grenzen aufgezeigt. Wie wärs mit ner A- und B-Casino-Regelung wie bei den Eidgenossen? Aber auf jeden Fall mit einem Gremium a la ESBK, das die Schutzvorschriften überprüft?

Daher fordern wir, dass sämtliche Spielerschutzvorschriften, die für Spielbanken, Lotterien und Sportwettangebote derzeit entwickelt werden, auch für den Spielhallenbereich gelten müssen.

Ja, aber bitte keine Vorschriften-Entwürfe vom grünen Tisch (oder ausschliesslich von Regierung und/oder Suchtfachverbänden), sondern auch von Leuten aus der Praxis - also ich meine, von der Stelle, an der die Sucht entsteht.

Gruss

efes

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Es wird wohl nicht durchsetzbar sein, die Spielhallengeräte komplett zu verbieten und Glücksspiele nur noch in staatlich konzessionierten Spielbanken zu erlauben. Daher fordern wir, dass sämtliche Spielerschutzvorschriften, die für Spielbanken, Lotterien und Sportwettangebote derzeit entwickelt werden, auch für den Spielhallenbereich gelten müssen.

Ich denke, die Politik sollte an die Eigenverantwortung der Spieler appellieren - ähnlich wie jetzt bei der Debatte über Übergewicht - dann wird schon alles besser :angry:

ist doch so - die politik setzt sich offenbar gegen keine Lobby mehr durch

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Hallo,

dazu muß ich jetzt auch meinen "Senf" dazugeben.

eine kurze Erläöuterung zu unserer forderung nach Abbau der Geldspielgeräte in gastronomischen Betrieben. Wir fordern dies aus Gründen des Jugendschutzes. Der ist in der Imbissbude oder im Supermarkt nicht einzuhalten. Ich sehe dauernd Kinder und Jugendliche an den Geräten spielen.

Das finde ich ehrlich gesagt nicht gut. Ich war auch mal Kind gewesen und die Geldspielgeräte waren bei den "langweiligen" Familienfeiern" doch die Attraktion für uns Kinder. Von den Eltern gab's grundsätzlich nix, aber von Opa und Onkels schon (ausnahmsweise). Wenn's Geld weg war, war es halt weg, die Neugier war aber befriedigt. Ich denke, Kinder müssen über die Risiken des Lebens aufgeklärt werden und nicht immer vor allem nur geschützt werden. Deswegen sage ich, unter Aufsicht, sollten sie schon mal spielen dürfen. Sie lernen auf diese Weise, daß die Automaten meist Geld schlucken und wenn mer doch mal gewinnt, sofort aufhören muß.

Gruß Gunthos :angry:

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Hallo fags,

alle Achtung, Ihr offener Brief an alle Bundestagsfraktionen (siehe http://www.isa-casinos.de/articles/16242.html ) hat nicht lange auf sich warten lassen. Es kommt Bewegung in die Szene.

Schade nur, dass Sie mit dem Hinweis, dass "der erstgenannte Ansatz (Anm.: komplettes Verbot jeglichen Automatenspiels auserhalb konzessionierter Spielbanken) angesichts der starken Lobby nicht durchsetzbar sein wird", bereits eine Entscheidungshaltung geschaffen haben. Man könnte aber auch in Deutschland eine vernünftige A- und B-Struktur schaffen, eine moderate Auswahl von gewerblichen Spielhallen nach Zulassungsprüfung konzessionieren und sie in eine einheitliche Casino-Ordnung einbeziehen. Mit allen Sicherheits-, Zugangs- und Sozialkonzept-Massnahmen, versteht sich.

viele Grüße

efes

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