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Armut hinter den Spieltischen


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Armut hinter den Spieltischen (EuramS) - 08.01.2007 05:01

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Jedem zweiten deutschen Kasinos droht das Aus – schuld sind Internet und TV. In den USA und in Asien dagegen blüht das Geschäft mit den Gamblern

von Günter Heismann

Sie waren einst Inbegriff von Spiel, Spannung und kultivierter Unterhaltung: die Kasinos, die im 18. Jahrhundert in fast jedem namhaften Kurort entstanden. Alljährlich fand sich die Gesellschaft zur Badesaison in den Spielbanken von Baden-Baden, Bad Ems oder Wiesbaden ein, um das Glück bei Baccara, Black Jack oder Roulette herauszufordern. Abendkleid für die Dame, Smoking für den Herrn – in den ersten Häusern gilt großenteils noch heute eine strenge Kleiderordnung.

Krawattenzwang kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Glücksspielhäuser in eine tiefe Krise geraten sind. Das klassische Tischspiel verliert zunehmend an Bedeutung, wird verdrängt von Automaten. In manchen einst mondänen Kasinos herrscht heute eine Atmosphäre wie in den Daddelhallen des Bahnhofviertels. Wachstum kennt die Branche schon lange nicht mehr. "Auch 2006 sind die Einnahmen wohl bestenfalls stagniert", sagt Michael Seegert, Sprecher des Branchenverbands Desia und geschäftsführender Gesellschafter der beiden Spielbanken von Bad Dürkheim und Bad Neuenahr. Seit dem Jahr 2000 bewegen sich die Bruttospielerträge, die die deutschen Kasinos nach Ausschüttung der Gewinne einbehalten, konstant bei etwa 950 Millionen Euro.

Besserung ist kaum in Sicht. Im Gegenteil: Neue Wettbewerber wie Online-Kasinos sowie Spiel- und Wettprogramme im Fernsehen machen den Spielbanken das Leben schwer. "Ein Kasino-Sterben ist unvermeidlich", befürchtet Reinhold Schmitt, Chefredakteur der Fachzeitschrift "Isa-Casinos". Von den 49 deutschen Häusern mit Tischspiel könnte auf längere Sicht die Hälfte schließen, schätzen Insider. "Vor allem die kleineren Betriebe sind gefährdet", sagt Kasinochef Seegert.

Die Deutschen zocken zwar wie nie. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig wächst so schnell wie der Glücksspielmarkt. Allein zwischen 2003 und 2005 kletterten die Bruttospielerträge von 9,4 auf 12,2 Milliarden Euro – ein Zuwachs von knapp 40 Prozent in nur zwei Jahren.

Doch von der Spiellust profitieren ausschließlich die neuen Mitbewerber. So erzielten die privaten Anbieter von Sportwetten 2005 Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro. Zwei Jahre zuvor waren es erst 150 Millionen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 sind private Sportwetten jetzt allerdings solange untersagt, bis der Gesetzgeber eine klare rechtliche Basis schafft.

Mehr Sorgen bereiten der Branche derzeit die privaten Fernsehsender, die das Geschäft mit Glücksspielen aggressiv ausbauen. Die TV-Station 9live erzielt ihre Einnahmen fast ausschließlich aus sogenannten Telefonmehrwertgebühren, die die mitspielenden Zuschauer entrichten müssen. Der Spielbanken-Verband Desia schätzt: Die deutschen Radio- und Fernsehsender haben 2005 Spielerträge von rund zwei Milliarden Euro eingenommen – viermal so viel wie noch zwei Jahre zuvor.

Die größte Gefahr aber droht den Spielbanken von den Online-Glücksspielen, die sich im Internet ausbreiten wie ein Flächenbrand. Allein mit deutschen Mitspielern erzielten die Anbieter von Web-Wetten 2005 Umsätze von 1,5 Milliarden Euro – zehnmal so viel wie im Jahr 2003. Gar nicht zu schätzen sind die Einnahmen der rund 3000 Online-Kasinos, die im Internet Poker, Black Jack und andere Glücksspiele offerieren. Die Anbieter verstoßen zwar möglicherweise gegen das Glücksspielmonopol der deutschen Bundesländer. Doch die Server stehen fernab in Gibraltar, Malta oder der Karibik, wo solche Online-Spiele zulässig sind und die deutschen Behörden keinen Zugriff haben. Den traditionellen Glücksspielhäusern bleibt nichts anderes übrig, als die Konkurrenz anzunehmen. Als erstes deutsches Kasino bietet die Spielbank Wiesbaden seit 2004 ein Online-Roulette an. Dabei können die Mitspieler per Internet in Echtzeit an einem Spiel teilnehmen, das tatsächlich an einem Roulette-Tisch in Wiesbaden stattfindet.

Wollen die Kasinos im Geschäft bleiben, müssen sie auf die Vorlieben ihrer Kunden eingehen. Längst haben die Betreiber begonnen, Spielautomaten aufzustellen. 2005 entfielen bereits drei Viertel der Bruttoeinnahmen der deutschen Spielbanken auf die Daddelmaschinen.

Die Verdrängung von Roulette und Co hat fatale Folgen: In den Troncs der Kasinos, den in die Spieltische eingelassenen Trinkgeldkassen, herrscht Ebbe. Daraus werden traditionell die Angestellten einer Spielbank bezahlt – vom Direktor bis zum Kassierer. Wer aber am Automaten gewinnt, gibt kein Trinkgeld. So sind die Tronc-Erlöse der deutschen Spielbanken dramatisch gesunken – von 182 Millionen Euro im Jahr 2000 auf jetzt nur mehr 111 Millionen. Die Spielbanken müssen kräftig in die Kasse einschießen, damit ihre Angestellten überhaupt den vorgeschriebenen Mindestlohn erhalten. Dadurch werden die ohnehin recht kargen Einnahmen erheblich belastet. Den größten Teil der Bruttoerträge verlangen die Bundesländer, die die Konzessionen vergeben. Je nach Land betragen die Abgaben 50 bis 93 Prozent. Von den 944 Millionen Euro Spielerträgen, die die deutschen Glücksspielhäuser 2005 erwirtschafteten, mussten sie 774 Millionen an den Fiskus abführen.

Da bleibt kaum etwas übrig, um in neue, attraktive Angebote zu investieren. Den Spielbanken fehlt schlicht das Geld, um den Niedergang aufzuhalten. Neidisch blicken die Kasinochefs in die USA, wo reihenweise neue Zockerpaläste hochgezogen werden. So plant MGM in Las Vegas eine riesige Anlage, die sieben Milliarden Dollar verschlingen wird. Das Kasinogeschäft in den USA ist hochprofitabel. "In Las Vegas müssen weniger als zehn Prozent der Bruttoerträge an den Staat abgeführt werden", sagt Desia-Chef Seegert. Jetzt entdecken Private-Equity-Gesellschaften, welche ausgezeichneten Gewinne sich mit der Zockerei machen lassen. Die Finanzinvestoren Apollo Management und Texas Pacific wollen für knapp 28 Milliarden Dollar die weltweit größte Kasinokette Harrah’s Entertainment übernehmen, zu der der berühmte Caesar’s Palace in Las Vegas gehört. An deutschen Spielbanken zeigen sich US-Investoren kaum interessiert – die Abgaben sind eben zu hoch, die Gewinne zu niedrig. Zu haben wäre freilich schon die eine oder andere. In Ländern wie Hamburg, Hessen oder Rheinland-Pfalz sind die Spielbanken in privater Hand; angesichts magerer Erträge wären einige Inhaber wohl zum Verkauf bereit. Auch in Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg oder Sachsen, wo die Kasinos staatlich sind, spielt so mancher Finanzminister mit dem Gedanken an Privatisierung, um Haushaltslöcher zu stopfen. Bislang hat erst ein Bundesland seine Spielbanken an einen ausländischen Investor verkauft. Vor zwei Jahren übernahm der österreichische Kasino-König Leo Wallner für 90 Millionen Euro die zehn Glücksspielhäuser Niedersachsens. Der neue Eigentümer, dessen Firma Casinos Austria weltweit aktiv ist, versprach zudem, 40 Millionen Euro in die Modernisierung der Glücksspiel-Tempel zu stecken. Mit zugkräftigen Konzerten, Modeschauen und Galaabenden will Wallner die Besucher zurück in die Spielpaläste locken. Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring konnte den ausgebufften Investor freilich nur mit kostspieligen Zugeständnissen gewinnen. So wurde die Spielbankenabgabe auf 65 Prozent gesenkt. Obendrein erhält Wallner eine millionenschwere Entschädigung, falls die geplanten gesetzlichen Ausweiskontrollen an den Spielautomaten seine Geschäfte beeinträchtigen.

Ebenfalls zur Kasse gebeten wird das Land, sollte es nicht die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass die Spielbanken in Niedersachsen ein Internetkasino starten können. Womöglich hat Zocker-König Wallner tatsächlich ein Rezept, um das Kasino-Sterben zu verhindern. Im ersten Jahr erzielte er in Niedersachsen sechs Millionen Euro Gewinn. "Das lag über unseren Erwartungen", sagt Paul Herzfeld, Vorstandsmitglied bei Casinos Austria. Er will weiter in Deutschland expandieren. Vielleicht verstehen die stilbewussten Österreicher es am besten, die Überbleibsel der einst glanzvollen Kasino-Kultur zu retten.

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URL: http://www.isa-casinos.de/articles/14782.html

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@ all

zum thema : sportwetten

kann man mit kleinen Einsatz ( 5.. 30 € ) ins Casino gehen incl. Eintritt ?

oder aber eine sportwette tätigen? denke lieber eine kl.Sportwette zu vernünftigen Odds.

Und das leidige Thema : Internet

wer da ebend zu spät kommt ......

zb. werden heute in Indien ca.80% aller Callcenter / Prog. der globalen Weltwirtschaft betrieben, und das 7/24h.

mfg

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Threads dieser Art sind für's :wink:

ISA-Casinos kennt hier wohl fast jeder und kann dort selbst nachlesen.

Außerdem unvollständig, da die Richtigstellung von Reinhold Schmitt fehlt.

Bleibt nur noch die Frage offen, ob du von Finanzen.net die Erlaubnis hast, den kompletten Artikel hier ins Forum zu kopieren. Denn auf Finanzen.net steht:

Axel Springer Finanzen Verlag GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Eine

Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeitung oder in ihr

enthaltener Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch

Vervielfältigung und Verbreitung, auch in elektronischer Form,

ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages

unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht

nichts anderes ergibt. Eine Haftung wird nicht übernommen.

Insbesondere stellen die Informationen in Euro am Sonntag

keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren

dar.

Als user hast du vermutlich damit kein Problem, doch wie sieht das Paroli?

:) Kinski

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Solche Artikel sind natürlich gut geschrieben und erscheinen auf den ersten Blick schlüssig.

Genaues Hinterfragen ergibt folgendes :

" wer an den Automaten gewinnt, gibt kein Trinkgeld"

totaler Blödsinn, da kann man regelmäßig die 5, 10 und auch 50 Euro-Scheine in die Troncdosen der Automatentechniker wandern sehen. Insgesamt Einnahmen in einer Höhe, von der Croupiers nur träumen.

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"Niedersachsen"

die haben sich doch gefreut, dass nach den konzertieren Diebstählen (Angestellte + Beamte)

überhaupt noch jemand Interesse zeigte.....

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"..die Spielbanken müssen kräftig in die Kasse einschiessen,damit die Angestellten ihren Mindestlohn erhalten"

so schlimm ist es nicht, da den (privaten) Spielbankbetreibern immer ein Mindestgewinn garantiert wird (ggf. durch senken der Sonderabgabe)

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"..die Spielbanken müssen kräftig in die Kasse einschiessen,damit die Angestellten ihren Mindestlohn erhalten"

Da ist sie wieder diese Heuchelei:

Wenn z.B. ein Casino der Westdeutschen Spielbanken 10 Millionen Gewinn macht und davon 8 Millionen an das Bundesland abführt, verbleiben 2 Millionen Gewinn für die Spielbank.

Sollte nun der Tronc nicht ausreichen, um die Gehälter zu bezahlen, muss davon zugeschossen werden.

Wenn dann immer noch 1 Million fehlt, macht die Spielbank angeblich 1 Million minus.

Die Spielbank ist aber eine 100%ige Tochter des Landes und lediglich privatrechtlich organisiert. Obwohl die Spielbank als Tochter in den roten Zahlen ist, hat die Mutter(das Bundesland) immer noch 7 Millionen Überschuss.

Wenn in der freien Wirtschaft auch so gerechnet werden dürfte, hätten wir in Deutschland nur Tochtergesellschaften, die Miese machen und alle Gewinne würden bei den Muttergesellschaften in Lichtenstein oder auf den Kaiman Inseln stattfinden.

Wie gesagt: Eine widerliche Heuchelei.

sachse

bearbeitet von sachse
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Hey Sachse,

sichi, so gesehen, siehst Du das schon richtig. Zumindest ist diese Sichtweise bei staatlichen Unternehmen (vermutlich like Westspiel) schon korrekt.

Was hingegen würde passieren, wenn ein privaten Betreiber, die von Dir geschilderte Situation erleben müßte. Der könnte doch die personalbedingten Mehrkosten nur über eine verringerte Spielbankenabgabe oder über gut laufende Nebenbetriebe (Gastro, Hotel, Eventbereich) abfangen oder Sir Sachse?

Interessant wird es ja auch in Niedersachen, wo Deine lieben österreichen Freunde nach Erreichen des ersten Teilzieles (verrringerte Abgabenquote) wohl auch noch andere Etappenziele ereichen könnten......

Berni

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@ chipleader

@ Kinski

Deine Meinung in Ehren …

DANKE!
… Meine Meinung : solche Artikel !! kann / sollte man im Roulett-Forum schon diskutieren, …
Gegen eine Diskussion spricht nichts. Mir fiel nur auf, dass die Richtigstellung von Reinhold Schmitt fehlte und dass du den Artikel komplett ins Forum kopiert hast.
… zumal ISA_C.. kein forum hat. …
Tja, ist schon einige Zeit her, dass ISA-Casinos ihr Forum geschlossen hat. War aber auch nie so frequentiert wie Paroli.de.
… Quellen angaben reichen meines Wissen aus  …
Da liegst du leider völlig falsch!
… ansonsten nicht lesen
Das wird die Net-Anwälte, die sich auf Abmahnungen zu Copyright-Verstößen dieser Art spezialisiert haben, wenig vom Lesen abhalten.

:angry: Kinski

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