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Rien ne va plus - für Trickser geht nichts mehr beim Roulette. Geringe Unregelmäßigkeiten in den Kesseln konnten in der Vergangenheit von abgezockten Spielern ausgenutzt werden. Doch moderne Spieltische werden so präzise gefertigt, dass die so genannten "Kesselgucker" heute chancenlos sind. Für CasinoLive, das Kundenmagazin der WestSpiel Casinos, habe ich dem größten deutschen Hersteller von Roulettekesseln - auch mit der Kamera - über die Schulter geschaut.

Präzision im Dienste des Zufalls

Ganz schön edel kommt er daher, der Roulettekessel. Doch schöner Schein kann trügen. Die inneren Werte sind das wahre Geheimnis.

Seit der französische Mathematiker Blaise Pascal bei seinen Studien zur Wahrscheinlichkeitsrechnung das Roulette erfand, gibt es einfach keine Ruhe mehr. Seit nunmehr über 350 Jahren forschen, rechnen und tricksen Spieler in der ganzen Welt, um den einen Vorteil zu finden, der reich macht. Ein überflüssiger Millimeter wäre genug, um den Lauf der Kugel dem Zufall zu entreißen. Eine Unebenheit vielleicht, eine winziger Fehler im Zahlenkranz, das würde schon reichen.

Aber Willi Klaus kennt sie alle. Sowohl die Trickser als auch die wichtigen Millimeter, die beim Roulette über Zufall oder statistische Häufung entscheiden. Denn Willi Klaus stellt sie her, die hochglanzpolierten Roulettekessel der Spielbanken. Und hinter seinem rauhen Ruhrpott-Charme blitzt immer wieder sichtlich der Stolz darüber auf, hier im Dortmunder Süden den bösen Buben ein für allemal das Handwerk gelegt zu haben. „An meinen Roulettekesseln“, behauptet er, „haben Trickser keine Chance mehr.“

Und den Beweis tritt er gerne an. Auch wenn er ansonsten niemanden in seine Werkstätten lässt. Die tristen Zweckbauten ducken sich grau in ein Industriegebiet. Nebenan liegt eine Kaserne. Überall hohe Zäune. „Was wäre, wenn hier jemand einbricht?“ Er mag es sich gar nicht ausdenken. Auch wenn niemand mit einem solchen Kessel etwas anfangen könnte. Aber man weiß ja nie. Und etwas Paranoia kann nicht schaden. Schließlich geht es um viel Geld. Und Renomee. Denn Klaus ist nicht umsonst zum größten deutschen Casino-Ausstatter geworden.

Roulettekessel aus seinem Haus drehen sich in den meisten deutschen Spielbanken und in halb Europa. Der Grund liegt in einem Bereich, der mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen ist. Bis auf den hundertstel Millimeter genau werden die Innereien des Kessels hergestellt. Speichenteil, Zahlenrad, vor allem aber der sogenannte Security-Ring, in dem die Kugel am Ende liegen bleibt, werden aus Bronze gemacht. Nichts wird geschraubt, alles aus einem Stück gearbeitet und solange mit der Drehbank geschliffen, bis es genauer nicht mehr geht.

Das Resultat ist erstaunlich. Wer sich einen solchen Roulettekessel ansieht und mit den Fingern darüberfährt, wird keine Ritzen, keine Dellen und keine Spalten entdecken können. Alles fügt und schmiegt sich perfekt aneinander. Selbst das kleinste Detail. Klaus, das merkt man, ist Perfektionist. Hätte er die Zeit, er würde alles selbst machen. Nichts verlässt den Hof, was nicht durch seine persönliche Qualitätskontrolle gegangen ist.

Die Entwicklung des Roulettekessels ist keineswegs zu Ende. Denn bis auf die Verteilung der Zahlen ist alles nur Tradition, nirgendwo normiert. Da bleibt noch Spielraum. Und die Kessel verändern sich nach wie vor, nicht nur in ihrer Präzision. So sind die Laufflächen nun flacher, damit die Kugel länger rollt. Auch die Kugeln selbst sind kaum noch aus Elfenbein, das sich abnutzen könnte. Heute werden sie aus beinahe unzerstörbaren Kunststoffen gemacht. Das klingt weniger voluminös, wenn es über das polierte Mahagony rollt, aber sicher ist sicher. Stück für Stück wurden so in den letzten Jahren auch die kleinsten Unsicherheiten aus den Kesseln eliminiert. Nach über 350 Jahren haben Trickser tatsächlich keine Chance mehr.

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Solche Texte liest man schnell und gerne, weil sie sich nahtlos in unser (Kessel-)Weltbild einfügen und eine Beruhigung ins Bewußtsein transportieren, der unter anderen etwa ein Flugreisender aufgrund der heutigen Präzision von Düsentrieb-Laufwerken auch nicht gerne entbehrt.

Aber:

Ein Freund von mir hat vor einigen Jahren einen Roulette-Kessel geschenkt bekommen, der in Baden-Baden seine Dienste dem Zufall tat, und dies zuletzt in einer Verfassung, an der vielleicht auch so mancher Liebhaber von Modelleisenbahnen seine Freude haben könnte, denn die rollende Kugel macht aufgrund der Unebenheit der Lauffläche ein Geräusch, das mich an das vieler Regionalzüge erinnert mit ihren gehämmergleichen Doppelschlägen, und träte es am Kessel zweimal kurz hintereinander auf, wäre die Soundkulisse geradezu perfekt.

Nun stammt diese Abnutzung ja nicht vom spärlichen Heimbetrieb, sondern vom beruflichen Dauereinsatz im Casino, und daß es dabei überhaupt bis zu diesem Zustand kommen konnte, gibt mir schon zu denken über die Nützlichkeit all der Kesselfehler-, Wurfweiten- und anverwandter Theorien oder Fähigkeiten sowie über den wirklichen Respekt so mancher Spielbankbetreiber vor ihnen...

Viele Grüße

von Llanos

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