Liebe Freunde des Glückspiels, hier ist die wahre Geschichte eines Berufsspielers und ein Abriss über 15 Jahre seiner Karriere. Der Text wird ziemlich lang werden. Aber um Hintergründe erklären zu können, muss das so sein. Also wer davor zurückschreckt, sollte jetzt aufhören zu lesen. Alle anderen: welcome on board! Wie kam unser Spieler überhaupt zum Glückspiel? Nun, sein Vater, ein kleiner Angestellter, hatte am Eßzimmertisch ein kleines aus Plastik gegossenes Roulette. Er konnte ganze Nächte damit zubringen, die Kugel rollen zu lassen, irgendwelche Zahlenreihen zu notieren. Zwei- oder Dreimal im Jahr ging er dann mit seiner Frau in die Spielbank; manchmal verlor er, manchmal gewann er. Unser Spieler war stets neugierig und übte mit dem Vater aller möglichen Variationen von Satzspielen, Systemen, Märsche, Progressionen usw. Doch selbst spielen durfte er noch nicht. Als er endlich 21 war, damals war das noch das Mindestalter, betrat er zum ersten Mal ein Casino. Nur hatte er schon die Erfahrung von 5 Jahren Trockenübungen und machte so die typischen Anfängerfehler nicht mehr. Neben seiner Ausbildung zum Kaufmann verdiente er sich regelmäßig ein wenig Geld im Casino hinzu. Doch das Spiel nahm überhand. Nicht nur mehr einmal die Woche, sondern fast täglich war unser Spieler vor dem Kessel zu finden. Er vernachlässigte seinen Job, schließlich kündigte er kühn, weil er dachte, er sei jetzt so weit, sich vom Spiel ernähren zu können. Er hatte ein Kapital von umgerechnet 3000 Euro, durfte sich bei seiner Spielweise zwei Platzer leisten und verlor immer öfter die Nerven. Schließlich hatte er keinen Job mehr, der ihn auffing. Seiner Unruhe übertrug sich auf sein Spiel, er verfehlte oft den Satzrhytmus und neigte im Verlust immer öfter dazu, mit außerplanmäßigen Sätzen seine hohen Verluste wieder hereinzuholen. Oft klappte es, noch öfter ging es daneben. Ich erspare Ihnen die nächsten fünf Jahre seiner Karriere, denn alles lief stets nach dem selben Schema ab: Nach einigen Monaten des Triumphs, kam der Übermut und er Wunsch sich mit wenigen Coups unabhängig zu machen, vernichtete die Erfolge der Vormonate. Freunde, Verwandte und Banken konnte er nicht mehr anzapfen - also musst er wieder arbeiten und gab das Spielen für einige Zeit völlig auf. Unser Spieler saß aber jeden Abend vor dem Plastikroulette, dass einmal seinem Vater gehört hatte, und arbeitet weiter an seiner Technik. Eines Tages hatte er sich mit redlicher Arbeit ein neues Grundkapital von umgerechnet 15 000 Euro zusammen gespart. Das war der Tag, an dem er wieder ein Casino betrat. Ein Jahr voller Höhen in den Casinos von Süddeutschland ließen in ihm wieder den Wunsch wachsen, Berufsspieler zu sein. Er machte regelrechte Tourneen durch Deutschland und Österreich. Doch bald erwischte ihn wieder die Kühnheit und es folgten drei Jahre mit dem gleichen Rhytmus wie oben. Monate des Glücks - Wahnsinnssätze mit dem Wunsch sich endgültig finanziell unabhängig zu machen. Er spielte wieder wie ein Idiot und konnte nach einem Verlustabend selbst nicht fassen, dass er der Gier erlegen war und gespielt hatte wie ein japanischer Tourist in Baden Baden. Wieder schwor er dem Spiel ab und suchte sich eine Arbeit. Vor drei Jahren hat er wieder seinen Job aufgegeben und spielt heute sehr bescheiden und beherrscht. Sein Grundkapital ist auf 25 000 Euro angewachsen. Trotzdem hat er immer noch Angst. Er kennt sich. Er kann sich an die zwei vergangen verhängnisvollen Perioden sehr gut erinnern. Aber er bleibt auf dem Boden. Er verbringt etwa 40 Stunden pro Woche am Kessel. Er lebt ganz gut davon. Doch der Preis, den er dafür bezahlen musste, ist zu hoch, sagt er. "Wenn ich den Job behalten hätte, mit dem ich angefangen habe, dann hätte ich heute bestimmt zehmal soviel Geld." Wahrscheinlich hätte er auch noch eine seiner zwei geschiedenen Frauen, würde gelegntlich seine drei Töchter sehen und seine Gesundheit wäre in besserem Zustand. Letztes Jahr hat man ihm ein Stück von seinem Darm entfernt. Die Ärzte hatten gesagt, es käme vom Stress und dem Nikotin. "Aber was soll ich machen", lacht er. "Heute bin ich das, was ich immer sein wollte. Ich bin Berufsspieler." Er hustet und die Asche seiner tausendsten Kippe fällt auf den grünen Filz des Tableaus. Und die Moral von der Geschichte? Es gilt wohl das gleiche, was Kostolany über Spekulanten sagte: "Du musst im Leben mindesten dreimal alles verlieren, um ein erfolgreicher Spekulant zu werden." Unser Spieler hat erst zweimal alles verloren. Er ist heute Ende dreißig und er muss aufpassen, dass er nach einer neuerlichen Katastrophe wieder einen Job findet. Heute sagt er von sich selber, er hat gar keine andere Chance, als erfolgreich zu spielen. Er habe nie was anderes gelernt und er kennt sich nirgendwo besser aus. Er arbeitet verdammt hart für ein verdammt geringes Einkommen mit verdammt hohem Risiko. Er selbst kennt keinen Spieler, der einfach so angefangen hätte und das Ding ohne Tragödien erfolgreich durchgezogen hätte. "Drum bleibt lieber in euren warmen Büros, küsst Eure Frauen und Töchter und träumt nicht von einem Leben, dass Euch jeden Tag das allerletzte Hemd, die allerletzte Freude und den allerletzten Freund kosten kann." Das sagt er heute, der Spieler